Schürmanns Geschichte

Gärtnerei Schürmann oder von einer Rosenschere zum Familienbetrieb

 

Herbert Schürmann wurde 1921 in Büppel geboren. Er machte eine Ausbildung als Gärtner, Fachbereich Baumschule bei Helmers in Bockhorn, wo er dann noch ein halbes Jahr als Geselle arbeitete. Anschließend  musste er ein halbes Jahr zum Arbeitsdienst. Danach wurde er in den Krieg eingezogen. Er wurde in Russland an der Hand verwundet und kam 1944 wieder aus dem Krieg. Knapp ein Jahr nach Ende des Krieges am 1.2.1946 fing er als Gärtner an. In seinem Heimatort Büppel war nicht so viel Land und seine Tante Anni (Anni Deinert) hatte einen großen Garten in Jaderberg. Der Mann von Anni Deinert war noch in Gefangenschaft und so konnte er sie unterstützen und gleichzeitig mit seiner Gärtnerei beginnen. Er durfte das Grasland unter den Obstbäumen umgraben und dort seine ersten Pflanzen anbauen. Zuerst Gemüsepflanzen und Erdbeeren, denn die wuchsen schnell heran und wurden in der schlechten Zeit an meisten gebraucht.

An Geld und Gut hatte Herbert nichts, nur seine Rosenschere aus seiner Lehrzeit. So begann er sich mit Obstbaumschnitt über sie erste Zeit hinwegzuhelfen. Als er nun seinen „Betrieb“ bei der Landesbauernschaft anmelden wollte, sagte man ihm, dass er als Gartenbaubetrieb nicht zugelassen werden könne, weil er nicht genug Land und Glasflächen und dergleichen besitze. Nach langem Hin und Her einigte man sich darauf, dass er als Obstbaumpfleger geführt wurde. Herbert war froh, dass er jedenfalls das erreicht hatte. So bekam er sogar einen Bezugsschein für eine Rückenspritze und eine Säge. Er ging nun von Haus zu Haus, beschnitt die Bäume, legte Leimringe und spritzte Ungeziefer. (Ein Leimring ist eine giftfreie Möglichkeit zur Schädlingsbekämpfung an Stammgewächsen. Der Leim wird direkt als Ring auf den Baumstamm aufgetragen oder als mit Leim beschichtetes Band um den Stamm gelegt. Die Ringe sollen Obst- und Zierbäume vor Schädlingen, die am Stamm hochkriechen, schützen. Der Schädling bleibt auf dem Leimring kleben und stirbt. Wird mit einem beschichteten Band gearbeitet, muss dieses dicht und fest am Stamm anliegen, damit die Falter oder Raupen nicht unter ihm hindurchkrabbeln können. Hierfür wird es in der Regel mit Bindedraht befestigt. Leimringe sollten eine Mindestbreite von 6 bis 8 cm haben, da schmalere Hindernisse eventuell durch den Schädling überwunden werden können. Die Anwendung erfolgt Anfang Oktober gegen Frostspannerweibchen, Apfel-Gespinstmotten und Blutläuse und Anfang März gegen Ameisen und Blattläuse. Frostspannerraupen schädigen die Bäume durch Fraß an Blättern und Früchten. Ende September klettern die flugunfähigen Weibchen des Frostspanners zur Eiablage in den Baum. Der Leimring verhindert, dass die Schädlinge auf den Baum klettern können. Somit unterbleibt der Fraß im Frühjahr. Quelle: Wikipedia)

Aber Herbert  wollte mehr, er wollte eine Gärtnerei. Ein glücklicher Zufall half ihn weiter. Beim Baden an der Wapel entdeckte er im Wasser einige dicke Bohlen - so eine Art Eisenbahnschwellen. Er dachte, das ist das richtige Holz für Mistbeet-Fensterrahmen. Er holte die schweren Bohlen aus dem Wasser und war froh dass sich kein Eigentümer meldete. Onkel Heini lieh ihm sein Fuhrwerk, damit er die Bohlen zur Sägerei bringen konnte. Sie wurden mit Drahtglas benagelt und im Sommer darauf konnte Herbert die ersten Koniferenstecklinge pflanzen. Nun wurde der Platz bei Anni Deinert zu klein. Es brauchte mehr Land aber keiner wollte ihm Ackerland verpachten. Schließlich gab ihm Onkel Heini aus Neudorf ein Stück Land und Herbert konnte darauf seine ersten Obstbäume und Liguster anbauen. Nun gab es inzwischen schon so viel Arbeit, dass Herbert sie nicht mehr allein bewältigen konnte. Er stellte Heini Bittner ein und zu zweit machte sie die Arbeit doppelt so viel Spaß. Aber es brachte auch neue Probleme. Er hatte also das Land in Neudorf und das Land bei Anni Deinert. Anni Deinert unterstützte ihn wo sie konnte. Sie goss die Stecklinge wenn er nicht da war. Sie nahm die Kranzbestellungen an. Das Grün nahmen sie aus Gerdes‘ Busch, vom Rückschnitt der Kunden und Nachbarn. Anni ließ Herbert im Stall die Kränze binden und die Geräte unterstellen.

Es wurde immer mehr Arbeit  und auf Dauer ging es so nicht mehr weiter. Herbert kam zu dem Schluss: Du musst ein Stück Land mit einem Verkaufsstand haben. Das Land bekam er vom damaligen Bürgermeister Gerdes aus Jaderberg. Etwa 8 Ar. Es war uneben und hatte Grüppen. Es musste deshalb mit der Hand gegraben werden. Das war der Anfang seiner Gärtnerei. Nun brauchte er nur noch einen Verkaufsstand. Und das in einer Zeit, wo es nicht einmal Holz für Bilderrahmen gab. Aber auch dieses Problem wurde nach langen Hin und Her gelöst. Herbert hatte in der Pastorei und auf dem Friedhof  der sehr verwildert war, viel Mühe und Arbeit gehabt,  um ihn wieder in Ordnung zu bringen. Für die Arbeit wurden ihm einige Bäume aus dem Busch der Kirche zugesagt. Die Bäume sollten bei Frost geschlagen werden und so lange musste er warten.

In der Zwischenzeit suchte er eine Sägerei die dann sein Eichenholz in Fichtenholz umtauschte. Denn für den Bau seiner Baracke brauchte er Fichtenholz. Nach langen Suchen fand er einen jungen Zimmermann, der bereit war, das Eichenholz in Tausch zu nehmen und ihm eine Baracke zu bauen. Der Zimmermann baute sie sofort, weil er 2 Monate später zur Ingenieurschule musste. Er verließ sich auf Herbert Schürmanns Wort. Mit vereinten Kräften wurde die Baracke gebaut und aufgestellt. Aber nun kam das nächste Problem. Als er nun in dem Busch der Kirche sein Holz abholen wollte, war keins für ihn vorgesehen. Er wandte sich an die Buschkommission, die ihm nach langem Verhandeln  einige Bäume zusprach. Aber die reichten nicht und die Baracke stand schon, der Zimmerman hatte sich auf Herberts Wort verlassen. Noch einmal wandte er sich an den Pastor. Sie kamen nun überein, dass Herbert Schürmann, der die Bäume bei der Pastorei in Ordnung hielt, einen Ast einer Riesenesche absägen dürfe, weil der den Obstbäumen das Licht wegnähme. So hatte er endlich das Holz, welches  er dem Zimmermann versprochen hatte.

1948 kam die Währungsreform. Jeder Bürger bekam 40 Mark. Die Bankkonten hatten nur noch 1/10 ihres Wertes. Zwei Tage vor der Währungsreform bekam er noch einen Bezugsschein für eine Karrenspritze, abzuholen in Bremen. Die Spritze brauchte er dringend, aber würde er die nach der Währungsreform auch noch bezahlen können? Also auf nach Bremen. Nach einigen Suchen fand er die richtige Adresse. Aber dort gab es  die Karrenspritze  nicht. Er musste zurück nach Delmenhorst, wo die Spritze fand. Er bezahlte sofort. Und machte sich zurück quer durch Delmenhorst zum Bahnhof. Aber das Abteil für Reisende mit Traglasten war so voll, das er damit nicht fahren konnte. Also ging er zum Gepäckwagen und bat den Beamten, doch die Spritze mitzunehmen. Der wollte zuerst nicht, aber eine Schachtel Zigaretten überzeugte ihn. In Oldenburg musste er umsteigen. Dort kaufte er sich eine Fahrradfahrkarte. Nach leichten Diskussionen mit dem Schaffner durfte er mitfahren. So wurde Herbert stolzer Besitzer einer Karrenspritze.

Nach der Währungsreform  gab es allerlei zu kaufen, das es bisher nicht gab. Geschäftlich war natürlich die nächsten Tage nichts los, denn die Menschen kauften für das wenige Geld Lebensmittel. Da bestellte jemand aus Neuenwege 100 Grünkohlpflanzen. Herbert brachte ihm mit dem Fahrrad für 1,00 D-Mark die Pflanzen und war glücklich, überhaupt etwas verkauft zu haben.

Wenn die Gemüsepflanzen oder anderes zum Verkauf bereit waren, machte man einen Zettel an den Milchwagen Bakenhus. Wenn ein Zettel für die Gemüsepflanzen hing, konnte man davon ausgehen, dass die nächste Woche von morgens bis abends der Laden voll war.

Dann lernte Herbert im Frühjahr seine zukünftigen Frau Waltraut kennen. Sie kam eigentlich aus Oldenburg und hatte erst bei Wolltje in Jaderaußendeich und dann bei Schütte in Jaderberg gearbeitet. Sie hatte Interesse sowohl an ihm und auch an seiner Arbeit. So verlobten sie sich am 4. Dezember 1948.

Nun kamen wieder Sorgen. Wo sollte man wohnen, wenn man heiraten wollte. Mieten wollte er nicht so gerne und es wäre auch sehr gut, da der Betrieb immer größer wurde, wenn man im Betrieb wohnen würde und die Frau die Kunden bedienen könnte. Er fragte bei Gemeinde nach, die hatten aber nur ein Stück Land auf Erbpacht von schlechter Qualität. Er suchte weiter und konnte schließlich von Anton Töben 18 Ar Weideland kaufen.

Sie waren sehr glücklich über ihr erstes Stück Land und gingen eifrig an die Arbeit. Auch dieses  Stück Land musste mit der Schaufel und per Hand bearbeitet werden. Am Abend wurden Baupläne gemacht. Das neue Haus durfte nicht so groß werden, denn das Geld war knapp. Es wurden am Anfang 3 Zimmer geplant. Nach Pfingsten 1949 ging der Hausbau los. Sie schachteten den Keller ab morgens um 5 Uhr aus. Da hier guter schwarzer Torf saß, stachen sie hier Torfsoden und ließen sie der Sonne trocknen. Das reichte zum  ersten zum Heizen und sie brauchten für den ersten Winter keine Feuerung zu kaufen. Heini Jütting kam zum Mauern. Jeder half, wo er konnte. Im September konnte man einziehen.

Am 23. September 1949 wurde geheiratet. Nun konnten die Eheleute sich ganz dem Betrieb widmen. Verkauft wurden immer noch selbst herangezogene Gemüsepflanzen wie Kohlrabi, Tomaten und Erdbeeren herangezogen.  Die Pflanzen wurden in Mistbeet gezogen. Wenn es zu warm war,  musste man zwischen dem Holz und dem Glas Steine legen damit es nicht zu warm wurde. Wenn es nachts fror, musste man abends im Dunkeln noch Matten drauf legen, damit die Pflanzen nicht verfroren. Aber nach und nach kamen auch immer mehr Baumschulpflanzen, Rosen und so weiter. Die Erdbeeren gab es nicht nur als Pflanzen sondern auch als Frucht. Wenn man nach Dangast zum Baden fuhr wurden immer welche mitgenommen und dort verkauft. Es wurde auch Tabakpflanzen angebaut und verkauft. Der Zoll ging allerdings dann zu den Käufern und sie mussten dann für die Anzahl der Pflanzen Zoll bezahlen.

Die Jahre zogen ins Land. Am 1. November 1952 wurde Helmut, gut 2 Jahre später am 8. Mai die Tochter Ursel geboren. Herbert war immer noch auf der Suche nach Land für Koniferen zur Schnittgrüngewinnung. Dieses bot sich in Rastederberg an. Es war zwar etwas weit weg, aber sonst günstig. Da das Land  so nass war, musste erst für die Entwässerung gesorgt werden. Anschließend wurde  gepflanzt. Zunächst Squarosa, Blaufichten. Nach und nach auch Kirschlorbeer, Mahonien, Weidenkätzchen, Ilex usw. Für Kränze und Dekoration wurde es gerne genommen. (Auch heute noch werden 2 Großhändler beliefert. Einer kommt aus Bremerhaven. Er kauft in Jaderberg Schnittgrün, produziert Mengen an Kränzen und verkauft sie wieder auf dem Großmarkt in Bremen.)

 Es wurden auch immer Weihnachtsbäume verkauft. Die Grabpflege in Jade und später auch in Hahn war immer eine Einnahmequelle.

 

Gebaut wurde in den Jahren immer. Irgendwie war das Haus immer zu klein oder es wurde verbessert. So wurde der alte Ölofen gegen eine neue Heizung eingetauscht. Dann ein neues Badezimmer mit immer heißem Wasser, welches eine herrliche Sache war, wo man doch oft schmutzig und verschwitzt war. Alle Bauvorhaben gestalteten sie schwierig, da dort Moorboden vorhanden war, was den Pflanzen gut tat. Es musste immer ein Fundament bis auf dem Sand in 1,8 Meter gegossen werden. In der Gärtnerei gab es auch immer einige Veränderungen. Während in den ersten Jahren noch viele Gemüsepflanzen herangezogen wurden, änderte es sich mehr und mehr hin zu  Blumen, Koniferen und Rosen. Durch die vermehrte Bautätigkeit war Herbert viel unterwegs, um neue Gartenanlagen zu gestalten. In dieser Zeit fing man auch an, auch Winterastern heranzuziehen. Wegen der guten Haltbarkeit waren sie bei den Kunden sehr beliebt, sowohl als Schnittblumen als auch für Trauerkränze. Um nun auch nach dem ersten Frost noch Astern anzubieten zu können, baute Schürmann ihr erstes Gewächshaus. So konnten bis Weihnachten frische Astern angeboten werden. Im Winter wurden Tulpen, Osterblumen und andere Zwiebeln vorgezogen. Im Frühjahr wurden Blütenbegonien ins Gewächshaus gepflanzt, was arbeitsmäßig doch viel einfacher war, als die Heranzucht in Frühbeetkästen.

Im Jahre 1981 wurde wieder angebaut, damit Helmut, wenn er den Betrieb übernimmt eine größere Wohnung hat. Helmut übernahm am 1. Januar 1982 den Betrieb. Er hat seine Ausbildung bei Hellmers in Bockhorn gemacht. Danach noch bei Lübben in Büppel gearbeitet. Seine Frau  Hertha  kommt aus Kurzendorf. Sie zogen in das Haus bei der Gärtnerei und Herbert und Waldtraut in das Haus an der Vareler Straße. Zwei Kinder wurden geboren, Oliver 1975 und Anja 1977. Helmut und Hertha betrieben bis 2014 gemeinsam die Gärtnerei.

Die Tochter Ursel hat später eine Verwaltungslaufbahn eingeschlagen, aber wenn es sein musste, half sie in der Freizeit

immer mit.

Nun führt Oliver, der bei Albertzard in Rastede gelernt hat, den Betrieb.

Durch die Vielseitigkeit des Betriebes (Blumengeschäft, Baumschule, Kranzbinderei, Schnittgrünverkauf, der Verkauf von Gemüsepflanzen und Sommerblumen) wurde aus den Anfängen ein richtiger Familienbetrieb, in dem jeder mit anpacken musste. So mussten die Kinder oft mithelfen, obwohl der Betrieb  immer gute und zuverlässige Mitarbeiter hatte. Unkrautjäten war die unbeliebteste Arbeit. Der Betrieb ist aus dem Nichts aufgebaut worden, mit 40 Mark und einer Rosenschere. Dazu gehört schon viel Idealismus, Mut, Fleiß und Können. Jeder Quadratmeter Land, jedes Frühbeetfenster, Werkzeug alles musste gekauft werden oder in den ersten Jahren getauscht.

Heike Grotlüschen und Marion Schmidt